Netzauslese / correctiv kann mit verdeckter Recherche beweisen:

AfD-nahe Gruppe will Zugewanderte aus dem Land vertreiben

Im November 2023 haben in einem Hotel nahe Potsdam Leute aus der rechtsextremen Szene einen Plan besprochen, mit dem Millionen Menschen aus der Bundesrepublik vertrieben werden sollen. Die Recherchen vom online-Magazin correctiv belegen, wie konkret diese Gruppe den Boden für solche Absichten bereiten will. Es geht dabei um Einfluss auf Medien, um Geld, aber auch um rechtliche Beratung, für die an diesem Tag ein AfD-Anwalt sorgt, der die Partei vor dem Bundesverfassungsgericht vertritt. Die ausführliche Reportage beginnt mit diesem Zitat:

Geheimtreffen: Einflussreiche AfD-Politiker planen mit Geldgebern und
Neonazis Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland

In einem Hotel bei Potsdam trafen sich im November einflussreiche AfD-Politiker – darunter der persönliche Referent Alice Weidels – mit Neonazis und potenziellen Geldgebern. Sie entwarfen eine Strategie für die „Remigration“ von Millionen von Ausländern aus Deutschland und Menschen mit deutschem Pass. Das Treffen könnte die Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren auf Bundesebene neu beleben.

Quellennachweis

Mein sehr persönlicher Kommentar nach der Lektüre:

Als Jugendlicher, in den 1960er Jahren, habe ich meine Eltern gefragt, wie sie mir die Katastrophen erklären können, die sie in ihrer Kindheit und Jugend erlebt haben. Sie haben mir versichert, sie hätten vieles von dem, was die faschistische Partei und Regierung geplant und umgesetzt hat, einfach nicht gewusst.

Sie räumten auch ein, dass sie sich nicht neugierig bemüht haben, sich nicht aktiv gekümmert haben um das, was "die Politik" will und was wirklich passiert. Sie hätten geglaubt, was ihnen erzählt wurde, zum Beispiel im faszinierenden neuen Medium Rundfunk und in Jugendgruppen. Vom menschlichen Leid, das hinter der Abgrenzung von Deutschsein und Anderssein steht, haben meine Eltern erst das volle Ausmaß erkannt, als sie selbst im Krieg und danach großes Leid ertragen mussten.

Einer der Sätze in der correctiv-Recherche macht den Gedanken nachvollziehbar, wie es geschehen könnte, dass eines Tages Millionen Menschen dieses Land verlassen sollen oder sogar müssen, wenn die Ideologie der Ausgrenzung durchgesetzt wird. correctiv hat mehrere Teilnehmende mit den eigenen Ermittlungen konfrontiert, und eine Person antwortete - sinngemäß - auf die Frage, ob sie wirklich dafür wäre, Leute mit deutschem Pass wegen ihrer Gesinnung auszuweisen: sie werde nichts unterstützen, was nicht durch Gesetze erlaubt sei.

Das meint diese Person sicherlich genauso, und sie denkt wohl dazu: wir machen erst die Gesetze und dann setzen wir unsere Ideen gesetzestreu durch. So machen es andere politische Strömungen auch, in europäischen Ländern und weltweit. Sie fühlen sich durch Wahlen legitimiert, sie nennen es sogar Demokratie.

Das deutsche Grundgesetz ist im ersten Abschnitt nicht veränderbar. Das wird uns nicht davor schützen, wenn es mächtige Kräfte gibt, die es verbiegen wollen. Darum ist jetzt die Zeit, sich hinter diesem geschriebenen Recht zu versammeln und das gemeinsame Verständnis für die zentralen Werte klar zu bekennen.

Wer den Schutz der Würde des Menschen ernst meint, wird niemals zwischen "guten" und "fremden" unterscheiden, wird immer Minderheiten schützen, weil dies eine der wichtigsten Säulen demokratischer Verfassung ist. Ebenso wichtig sind die Gewaltenteilung mit der Garantie für das unabhängige Rechtswesen und das unbeugsame Recht auf freie Meinung und damit verbunden auf freie Wahlen.

Im freien Meinungsstreit gilt es für uns alle die eigene Haltung zu bestimmen: Wollen wir den politischen Kräften unsere Unterstützung geben, die sich an die unveränderlichen Grundrechte halten? Oder wollen wir solchen Kräften unsere Zustimmung geben, die sich nur an Gesetze halten, die sie vorher selbst geschrieben haben?

correctiv hat uns mit der verdienstvollen Recherche eine Entscheidungshilfe gegeben. Danke.

Bernd Kirchhof

Anmerkung der Redaktion: Die erste Fassung der Überschrift ist am 12.Januar geändert worden, um den Begriff "Remigration", der zunächst eher arglos verwendet worden ist, nicht distanzlos aus dem Sprachgebrauch der rechten Szene zu übernehmen.