Wissenschaftsgespräch über Wohnraumnot / Mit Kommentar von Babs

Mindestens unbefriedigend

Vielleicht kann eine Diskussion zum Thema „Mangelware Mietwohnung“ heutzutage gar nicht befriedigend ablaufen. Die VolkswagenStiftung hat Ulrike Heckmann als Moderatorin eingeladen, die sich offenkundig mit dem Plan vorbereitet hat, erst die Analyse des Problems zu besprechen und dann die möglichen Lösungen. Aber die Wissenschaftsrunde hat aus unterschiedlichen Gründen – vermutlich vor allem aus unterschiedlich verteilter Redezeit durch die Moderatorin – weder in der Analyse noch in den Lösungsansätzen eine Ordnung erkennen lassen.

Aus meiner Sicht liegt das daran, dass Susanne Heeg, Professorin für Humangeografie an der Goethe-Universität Frankfurt, kaum Einfluß auf die Themensetzung nehmen konnte. Mindestens zwei mal hat sie vergeblich versucht, andere Gedanken als die an „mehr bauen“ und „mehr Staatsknete“ und „weniger Vorschriften“ einzubringen. Als die anderen in der Runde schon über Lösungsideen reden, hat sie nochmal daran erinnert, dass die Bodenpolitik als eine der wichtigen Ursachen für hohe Baukosten und Mieten betrachtet werden müsste. Das hat sonst niemand aufgegriffen.

Und als Susanne Heeg auch noch erwähnt, dass in Berlin die Frage der Vergesellschaftung von Wohnraum ernsthaft geprüft werde, bekam Professorin Tanja Kessel von der Technischen Universität Braunschweig nach eigenem Bekunden Gänsehaut. In den nächsten Sätzen outet sie sich mit mehrfacher Betonung auf ihre Ablehnung von „Enteignung“ (was übrigens nicht dasselbe ist wie Vergesellschaftung) als Expertin, die außer der Wissenschaftssprache auch den Lobby-Sprech der Haus- und Wohnungseigentümer beherrscht.

Professor Dietmar Walberg von der Technischen Hochschule Lübeck und Professor Tim Rienits von der Leibniz Universität Hannover haben zwar mit Rückblick und Datencheck Teile der Debatte bereichern können. Aber die Verteilung der Redezeit zugunsten von Tanja Kessel und schließlich sogar die Erlaubnis eines Koreferates von einem Bauindustrie-Lobbiisten in der Fragestunde haben erkennen lassen, welche Interessenlage in diesen fast zwei Stunden die Hauptrolle spielte.

Dieses Wissenschaftsgespräch im Xplanatorium war jedenfalls aus dem Blickwinkel von Menschen, die ungefähr die Hälfte ihres ohnehin schmalen verfügbaren Einkommens ausgeben müssen, um eine eigene Wohnung zu mieten, ungenügend.

Quellennachweis -.-Die VolkswagenStiftung stellt das live gestreamte  Wissenschaftsgepräch hier bereit. -.-  Bau- und Immobilienpreisindex des Statistischen Bundesamtes

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