IT-Professor räumt mit falschen Gewissheiten auf

Das komponierte Bild ist ganz einfach anzusagen

Wissenschaft kann unmittelbar nützlich sein, das hat Professor Dr. Markus Dürmuth in seinem Referat in der Ada und Theodor Lessing Volkshochschule (VHS) unterhaltsam bewiesen. Zuerst zeigt er zum Teil krasse Beispiele für gefälschte Fotos und Videos, dann klärt er über etliche Irrtümer im Umgang mit Passworten auf und nebenbei lernen die etwa 50 Leute im Saal auch noch, wie leicht sie sich täuschen können, wenn sie zwischen echten und gefälschten Fotos unterscheiden wollen.

Rider on the stars: Professor Markus Dürmuth zeigte zu Beginn des Referat dieses eindrucksvolle Beispiel dafür, wie leicht es sein kann, Bilder neu zu komponieren (kopiert aus der Internetseite https://openai.com/dall-e-2/ )

Verblüffend echt wirkt zum Beispiel ein im Internet verbreitetes Video, mit dem die Autoren dem Ex-Präsident der USA Obama tadellos synchronisiert Worte aussprechen lassen, die er niemals so gesagt hat. Es fällt den Betrachtenden schwer und erscheint unmöglich, derartige Fälschungen ohne aufwendige Untersuchung zu entlarven.

Etwas einfacher sind dagegen manipulierte Fotos aufzuklären, Forschende haben dafür einige Merkmale. Dem ungeübten Publikum in der VHS hat der Professor Bilderserien gezeigt und gebeten, zwischen echt und falsch zu unterscheiden. Es lag in der spontanen Abfrage mehrheitlich falsch.

Das geht ganzen Völkern und auch IT-Spezialisten so. Derzeit leitet Dürmuth Forschungen um herauszufinden, wie gut die Menschen mit Sicherheitsregeln im Internet vertraut sind. Antworten im Bereich fifty-fifty, also die Hälfte weiß Bescheid und die andere nicht, deuten darauf hin, dass viele Menschen eher geraten als gewußt haben, worum es wirklich geht. Wenn die Deutschen in internationalen repräsentativen Umfragen im Vergleich zu China, Indien, den USA und anderen bei einzelnen Themen etwas aufgeklärter wirken, so ist das noch keine gesicherte Erkenntnis. Die Forschung ist bisher nicht abgeschlossen.

Der Professor kann immerhin mit vermeintlichen Gewissheiten aufräumen, die seit vielen Jahren von Experten immer wieder geraten werden. So sei es zum Beispiel Unsinn, die eigenen Passworte regelmäßig zu verändern – das ist nur erforderlich, wenn ein Diebstahl vermutet wird. Es stimme auch nicht, dass „gute“ Passworte mindestens acht Zeichen lang sein und ein Sonderzeichen enthalten müssen – sie sind immer leicht zu knacken, wenn sie einem weit verbreiteten Muster folgen. Hackende haben es schwerer, wenn eine vermeintlich unsinnige Folge mit großen (nicht am Anfang) und kleinen Buchstaben genutzt wird, oder gar ein Satz verwendet wird, der eine kuriose Aussage wiedergibt.

Professor Dr. Markus Dürmuth forscht und lehrt an der LUH insbesondere zum Thema Sicherheit in der Informationstechnik (IT)

Mit sichtlichem Vergnügen hat Markus Dürmuth von einer Internetseite berichtet, auf der die Leute mit Worten Bilder bestellen können. Die frei zugängliche Software openai.com/dall-e ist so gut, dass etwa ein Astronaut auf einem Pferd beschrieben oder angesagt werden kann und daraufhin von der App ins Bild gesetzt wird (sh Foto oben.) Dürmuth hat seinem Publikum geraten, das selbst auszuprobieren und meint, solche Erfahrungen „sollten verändern, wie wir auf Bilder schauen.“

Nach knapp einer Stunde kurzweiligem Blick auf die Wissenschaft der IT drehten sich die Publikumsfragen vorwiegend um weitere Tipps zum Umgang mit Passworten. Zum Schluss wollt ein Mann wissen, ob es wirklich keinen absoluten Schutz vor Hackenden geben könne. Der Experte meint „Nein, aber...“ Je besser die Verschlüsselung sei und je aufwendiger der Umgang mit Daten geschützt werde, umso höher sei der Aufwand zum Einbruch in die Innereien von Servern und Computern. Das lohne sich nicht bei Angriffen auf einzelne Privatleute.

Gemeinsam veranstalten die Leibniz Universität Hannover (LUH), an der Dürmuth seit Februar lehrt, die VHS und Theatrum e.V. die Vortragsreihe über Fakten, Fakes und Fiktionen. Moderator Marcus Peter hat zu Beginn auf die Ausstellung im Beginenturm hingewiesen, die noch bis zum 30. Oktober vom Theatrum e.V. gezeigt wird. Es geht um weltweite Verschwörungserzählungen und vor allem um dokumentierte Hexenverfolgung in Hannover. Der Besuch ist nur im Internet buchbar.

Dazu hat Peter dem Publikum geraten, am 5. November den Tag der offenen Tür der Leibniz Universität zu besuchen. An allen Standorten werde es etwa 150 Aktionen geben. Und schließlich kündigte Peter an, dass die nächste Veranstaltung der Reihe Fakten, Fake, Fiktionen im Schloss Herrenhausen am Donnerstag, 27. Oktober, um 20:30 Uhr beginnen wird mit dem Thema "Justiz im Visier: Wie Rechte im Social Web den Rechtsstaat attackieren." Anmeldungen sind dafür nicht erforderlich.


Bericht über den ersten Vortrag in der Reihe : Welche Muster haben falsche Erzählungen in Fotos und Filmen? -. Link auf den nächsten Vortragstermin -- Link auf die angekündigte Vortragsreihe -- Link auf die Webseite vom Institut für IT-Sicherheit -- Link auf die Ausstellung im Beginenturm -- Link auf die Bilder-Manipulationssoftware Dall-e